Montag, 17. März 2008

offenen Brief an meinen Klassenlehrer

Ich habe diesen offenen Brief an meinen Klassenlehrer verfasst, in der Hoffnung... ach, einfach lesen, das wirds klar ;-)

>>>Offener Brief an Urs Hemmig

Seit längerer Zeit schon setze ich mich mit dem Gedanken, der Fragestellung auseinander, wie man den Menschen in heutiger Zeit näher mit dem Handwerk verbinden kann. Ob das jetzt ein, in der Gesellschaft stehender Mitbürger ist, oder ein Schreinerkollege, spielt primär keine Rolle. Es ist vielmehr eine Forschung nach den Potenzialen einer (Hand)werkstatt (mit allem, was dazu gehört, wie z.B. soziales Umfeld, physische Tätigkeit; Umwandlung & Gestaltung von Materialien), die eine direkte Wirkung auf unsere Zivilgesellschaft haben könnte. Dieser Impuls begleitet mich durch das tägliche Leben, beeinflusst Tun und Denken.

Eines Abends hat sich mit einem Schreinerkollegen ein Gespräch entwickelt. Es war ein Austausch über die Schule. Positive und negative Aspekte wurden angesprochen, doch eine Sache fiel besonders auf…

Doch zuerst eine Frage an Sie, die ich stellen möchte. Was ist Schule? Was ist der Grund, das verschiedene Menschen heut zu tage an einen bestimmten Ort zusammen kommen und lernen? Und vor allem, wie geschieht das? Wenn wir jetzt einen Schritt weitergehen, kommen wir zur Kernfrage und Feststellung dieses abendlichen Gespräches mit dem Kollegen.

Wieso lernen wir nicht voneinander?

Woche für Woche kommt man zusammen um, meistens doch eher, nebeneinander zu lernen. Soll Schule nicht ein Ort ein, wo das Miteinander, das Soziale gefördert wird; als ein elementarer Bestandteil unserer Gesellschaft… In meinen Augen ist das in unserer Klasse/Schule nicht der Fall. Vielmehr sind Schattenseiten, wie z.B. Egoismus und Intoleranz, wie sie halt auch außerhalb der Schule existieren, wahrzunehmen. Und es braucht keinen zu verwundern, dass das so ist, da ich meine, dies sei selbst schon in der Unterrichtsform so veranlagt. So frage ich mich des Öfteren, welchen Sinn dieser Schulbesuch doch hat, wenn es nur so ist, dass man nebeneinander, jeder für sich da sitzt und (evtl.) dem Lehrer an der Tafel vorne zuhört… Ich habe oft das Gefühl, mehr lernen zu können, wenn ich zuhause an meinem Schreibtisch sitzen würde! Intoleranz erleb ich in der Art und Weise, das z.B. Themen, die außerhalb der „Massenmeinung" sind, nicht beachtet oder links liegengelassen werden. Warum lernen wir die verschiedensten Lackarten mit all ihren Vor- und Nachteilen, Anwendungsgebieten usw. kennen, lassen aber das Thema Baubiologie aus, wo unter anderen genauer eingegangen wird auf die „unangenehmen" Effekte von Lacken auf Mensch und Natur, und wo auch ganz deutlich Alternativen aufgezeigt werden. Das zweite Beispiel gründet auf der Frage, wieso wir im Unterricht bisher (nach 2,5 Jahren) noch nie ein richtiges Massivholzmöbel, oder allgemein auch eine andere Schreinerarbeit (z.B. Türe, Tisch), als nur Korpusmöbel aus Spannplatte, gezeichnet haben…

Bitte nicht vergessen, das ich mit diesen Beispielen jetzt nicht (hauptsächlich) auf die Probleme eines frustrierten, enttäuschten Schülers hinweisen will, sondern, anhand dieser Problematik und Tendenz der Unterrichtsform, wie sie praktiziert wird, in Frage und Diskussion stellen möchte.

Doch genug gejammert, genug kritisiert. Um vorwärts zu kommen, braucht es auch Vorschläge und Ideen, welche auf den Nährboden, den die Schule bieten sollte, gedeihen können.

Hier ein paar Stichpunkte:
- Schüler (gruppen) er/bearbeiten Unterrichtsthemen (zusammen)
- Diskussionsrunden zu Fachthemen (z.B. mit einleitenden Kurzreferaten)
- Vorstellung/Betrachtungen ausgeführter Arbeiten von Kollegen
- Einbringen von fachbezogenen Themen, die einen pers. bewegen, durch jeden einzelnen
- Austausch mit Berufsnahen/verwanten Klassen (z.B. Hochbauzeichner, Zimmermänner)

Mir ist schon bewusst, dass dies alles stark aus einer Sicht des Schülers heraus verfasst ist. Dies ist jedoch einfach nun mal mein Standpunkt. Doch es braucht zu einem Dialog diese zwei Seiten, der Lehrende und Lehrnende. Und dieser Dialog ist bitter von Nöten, will man zusammen weiterkommen!

An dieser Stelle schließe ich ab, voller Hoffnung, die Schule findet in Zukunft ihren Mittelpunkt, den Menschen, wieder.

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Wittstock


Schüler an der Gewerblich-Industriellen Berufsschule Liestal, SR3A

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